Einzelgenehmigung von sicherheitsrelevanten Teilen (2019)

Hohe Anforderungen bei der Abnahme

08.07.2019 10:02 Uhr

Text: Harald Schmidtke | Bilder: MAV-Archiv


Sind Einzelgenehmigungen von Mehrpunkt-Sicherheitsgurten und Sportsitzen chancenlos? Die Antwort lautet: Nein! Weil es sich jedoch um sicherheitsrelevante Teile handelt, sind die Anforderungen entsprechend hoch.

In regelmäßigen Abständen erreichen den Verband der Automobil Tuner (VDAT) e.V. Fragen zu Genehmigungsmöglichkeiten von Mehrpunkt-Sicherheitsgurten sowie Sportsitzen von Zubehöranbietern. Und nicht selten geht es um die Kombination beider Produkte miteinander, manchmal auch in der einzelnen Verwendung. Und immer wieder ist von Problemen bei der Eintragung die Rede.

Doch was steckt hinter diesen Problemen? Zweifelsfrei gehören Sicherheitsgurte, Sitze und deren Konsolen zu den besonders sicherheitsrelevanten Bauteilen im Auto. Mehrpunkt-Sicherheitsgurte, hochwertige Qualität vorausgesetzt, bringen gegenüber einem standardmäßigen Dreipunktgurt unbestritten ein Plus an Sicherheit. Weil Sicherheitsgurte zu den bauartgenehmigungspflichtigen Bauteilen gehören, dürfen sie nur mit entsprechender Genehmigung angeboten werden. Nachvollziehbar problematisch ist es für einen Prüfer, wenn das betreffende Produkt keine Genehmigung besitzt. Maßgeblich werden solche Mehrpunkt-Rückhaltesysteme heute im Motorsport eingesetzt und besitzen die hierfür erforderliche FIA-Homologation. Doch Vorsicht! Eine FIA-Homologation ist keine Bauartgenehmigung! Zum Vorteil der Tuner beziehen sich viele Sachverständige im Wissen auf die hohen FIA-Anforderungen, um sogenannte Mehrpunkt-Sicherheitssysteme im Einzelgenehmigungsverfahren für den öffentlichen Straßenverkehr zuzulassen.

Trotzdem gelingt die Zulassung nicht immer. Gründe sind nach Kenntnis des VDAT folgende: Bei der Verwendung von Mehrpunkt-Sicherheitssystemen wird aus einem vier- oder fünfsitzigen Fahrzeug zwingend ein Zweisitzer. Dies gilt auch für 4-türige Modelle. Damit verbunden ist immer der Ausbau der hinteren Sitzbank. Doch viele Fahrzeughalter/-innen wollen diese Einschränkung nicht und lassen sich dazu verleiten, ein Mehrpunkt-System unzulässig zu nutzen. Maßgeblich ist ebenfalls, ob die zusätzlich notwendige Gurt-Befestigung an einer vom Fahrzeughersteller dafür vorgesehenen Stelle erfolgt und falls nicht, ob die ausgesuchte Position ausreichenden Halt bietet.
An der fehlenden Nachprüfbarkeit von Sicherheit scheitert häufig auch die Eintragung von Sport-/Schalensitzen. Genehmigte Sitze im Sinne der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) bilden heutzutage die Ausnahme, erst recht genehmigte Sitzkonsolen. 

Die Sitzkonsole ist ein prekäres Thema

Wie auch bei Mehrpunkt-Sicherheitsgurten wird sich ein Sachverständiger bei Sitzen im Regelfall auf eine FIA-Homologation beziehungsweise auf Produkte namhafter Anbieter einlassen. Ideal ist es, wenn für den Sitzeinbau die Serienkonsole des Fahrzeugs benutzt werden kann. Die Zulassung von Rennschalen bei zweitürigen Fahrzeugen ohne Umschreibung auf einen Zweisitzer muss aber als ebenso aussichtslos angesehen werden wie der Einbau nicht verstellbarer Sitze. Häufig scheitert die Eintragung von Sport-/Schalensitzen an der Sitzkonsole. Im Fall eines Aufpralls wirken enorme physikalische Kräfte auf das Rückhaltesystem sowie den Sitz und insbesondere die Sitzkonsole ein. Wie soll ein Prüfer beurteilen, ob eine selbst angefertigte oder aus unbekannter Produktion stammende Konsole tatsächlich über die notwendigen Sicherheitsreserven für den Crashfall verfügt? Bei Unsicherheit wird er die Genehmigung verweigern. Herstellerangaben, die ein Sicherheitsgefühl suggerieren, wie beispielsweise „Hergestellt nach FIA-Spezifikation", werden vermutlich nicht ausreichen, um einen Prüfer von der tatsächlichen Sicherheit zu überzeugen.

Kurz gefasst:
Die Anforderungen für die Genehmigung von Mehrpunkt-Sicherheitsgurten, Sportsitzen, Rennschalen und Sitzkonsolen sind hoch. Unmöglich ist eine Zulassung im Einzelgenehmigungsverfahren aber nicht. Um Fehlkäufe und Frust zu vermeiden, empfiehlt der VDAT vor dem Kauf der genannten Produkte immer die Rücksprache mit einem Befugten für das Einzelgenehmigungsverfahren. Das dürfen jetzt übrigens auch Organisationen wie GTÜ, KÜS und andere. Wer sich bezüglich der Anforderungen an die Produkte abstimmt, dem gelingen eher derart sicherheitssensible Eintragungen.