BMW E30 DTM-Replika (2019)

Power-Riegel mit 370 PS

28.02.2019 14:17 Uhr

Text: Joshua Hildebrand | Fotos:


Diese DTM-E30-Replika dreht ihre Kreise im fernen Südamerika. Genauer gesagt in Peru. Das, was Said Baba aus einem Haufen Schrott gemacht hat, ist wirklich beeindruckend …

Vor einiger Zeit hatte dieser E30 einen kapitalen Motorschaden und war buchstäblich schrottreif. Der Wagen benötigte jede Menge Neuteile. Auch die Radaufhängung und die Karosserie hatten schon bessere Zeiten erlebt. Und so kapitulierte der Vorbesitzer vor der Herausforderung. Fast könnte man von einem „Akt der automobilen Nächstenliebe" sprechen, schmunzelt der Peruaner Said Baba aus Lima, als er uns seinen BMW E30 vorstellte.

Zwei für einen

Der BMW aus den 1980er-Jahren war nämlich technisch ziemlich schrottreif und wäre um Haaresbreite in einer Schrottpresse gelandet. Klingt nach einer typischen Schrauber-Geschichte. Wenn die eine oder andere Restauration durch einen Rattenschwanz an Neuteilen das Budget zu sprengen droht und jemand schweren Herzens die Reißleine ziehen muss ... Wie so oft verfiel auch dieses Projektfahrzeug erst einmal in einen Dornröschenschlaf und legte dabei Staub und erste Anzeichen von Korrosion an.

Said Baba hatte vor diesem E30 bereits einen M3 und wollte diesen ursprünglich auch als Spenderfahrzeug nutzen. Aber so richtig glücklich war der Peruaner mit der Idee nicht, war doch sein M3 in tadellosem Zustand und konnte täglich gefahren werden. Also kaufte er sich eine weitere E30-Limousine, bei der die Technik in einem weit besseren Zustand war und nutzte einfach von beiden Spender-E30 die am besten erhaltenen Teile.

Saids Cousin hatte dem Besitzer des Schrotthaufens zudem den Floh ins Ohr gesetzt, aus den beiden E30 eine DTM-E30-Replika zu bauen. Am Anfang verwarf Said zwar die Idee. Aber irgendwie ging die Schnapsidee seines Cousins nicht mehr aus seinem Kopf. Und so fing der Peruaner an, zu recherchieren, worin die Unterschiede zwischen einem BMW-E30-M3-DTM-Rennwagen und einem Straßen-M3 liegen. Die Idee mit der Replik eines Schnitzer-DTM-E30 nahm festere Züge an und Said wagte es tatsächlich. Dabei war ihm auch egal, dass eingefleischte BMW-Motorsport-Enthusiasten die Replik auf den ersten Blick als solche erkennen würde. Aber wer von uns möchte nicht am liebsten ein Auto fahren, das er schon als kleines Kind vergöttert hat?

Bye-bye, M3!

Um mehr Budget für seinen Plan zu haben, musste sich Said von seinem BMW E30 M3 trennen. Dabei strich er gutes Geld ein. Ein Karosseriebauer fertigte Said einen Käfig samt Verstrebungen nach dem alten DTM-Reglement an und schweißte diesen in die Rohkarosse ein. Je länger sich der Peruaner mit der Motorsportgeschichte befasste, umso mehr hatte er Lust, selbst ein Rennen zu fahren. Perus bekanntester Motorsport-Event ist das 6-Stunden-Rennen, bei dem über 50 Fahrzeuge in den verschiedensten Klassen und Baujahren gegeneinander antreten. Dort wollte Said auch starten. Er schrieb sich auf gut Glück in die Starterliste ein, wenngleich sein Rennwagen zu diesem Zeitpunkt nur aus Einzelteilen bestand und machte eine Rennlizenz. Die eigene Schnapsidee brachte natürlich den gesamten Zeitplan durcheinander. Natürlich dauerte es viel länger, den BMW-Replik-Umbau wirklich umsetzen zu können. Aus dem kurzen Winterprojekt entwickelte sich eine mehrjährige Schrauber-Odyssee voller Höhen und Tiefen. In dieser Zeit war Said fast jeden Abend mit dem BMW beschäftigt. Die Benzinversorgung zum Laufen zu bekommen, dauerte mehrere Nächte.

Als größte Herausforderung für den Südamerikaner erwies es sich, ein originales DTM-Motorsportfahrwerk für den BMW M3 aufzutreiben. Durch diverse Foren lernte er einen Neuseeländer kennen, der tatsächlich einen originalen Schnitzer-BMW-M3-Evo-DTM-Rennwagen hatte. „Aber der wollte mir verständlicherweise sein originales Fahrwerk nicht verkaufen", seufzt Said. „Ich lernte dann jemanden in Peru kennen, der einen BMW-E30-Gruppe-A-Rennwagen in seiner Sammlung hatte und der half mir aus der Patsche. Ich durfte das Fahrwerk ausbauen und mit den Infos aus Neuseeland und dem Gruppe-A-Motorsport-Fahrwerk fuhr ich zu einem CNC-Betrieb, der mir Federbeine baute." Bei den Federn orientierte sich der Südamerikaner einfach an denen des Gruppe-A-Fahrwerks und als Dämpfer nutzte er vorübergehend irgendwelche Dämpferpatronen. Auch die Koppelstangen sowie die angeschweißten Klammern und Brackets sind Marke Eigenbau.

E46-M3-Power für die Rennstrecke 

Beim Motor handelt es sich um den S54B32, den 343 PS starken E46-M3-Reihensechszylinder, der laut Said aus einem verunfallten M3 stammt. Aber der S54 hatte so seine Probleme. Beim ersten Ausritt auf der Rennstrecke war der E30 im Grunde gar nicht zu gebrauchen. Der Motor lief nicht richtig und das Eigenbau-Fahrwerk war eine Katastrophe. Als sich dann auch noch der Öldruck verabschiedete und die Leistung abfiel, konnte Said gerade noch so in die Box rollen. Zu Hause wurde der S54 ausgebaut und die Innereien ersetzt. „Mir blieb leider nicht mehr viel übrig, als in Deutschland bei BMW Motorsport diverse Teile wie Nockenwellen, Kolben, Pleuel und die gesamten Ventile zu bestellen. Zusätzlich orderte ich gleich noch einen neuen Zylinderkopf."

"Ich liebe die Herausforderung"

Nach weiteren Rückschlägen in den Jahren 2015 und 2016 sowie Erfahrungen beim 6-Stunden-Rennen überarbeitete Said seinen E30 im Jahr 2017 weiter. Längst hat er auf ein Motorsportgetriebe von Samsonas Motorsport aus Litauen gewechselt. Dem neuen Getriebe ist es auch zu verdanken, dass Said den Motor weiter nach hinten versetzen konnte, um eine bessere Gewichtsverteilung zu erreichen.

Ein Rennteam überarbeitete das gesamte Fahrwerk mit neuen Dämpfern und passte es an die Eigenbauaufhängungen an. Durch seinen Hubraum von über 3.0 Litern wurde der E30 vom Veranstalter des 6-Stunden-Rennens der „offenen Klasse" zugeordnet, in der sich auch Audi R8 GT3 und Ferrari 458 tummeln. Nicht ganz fair für eine „DTM-Replik", aber Said liebt die Herausforderung …

DATEN & FAKTEN 

Said Baba (Peru) >>> BMW E30 "DTM-Style"-Replika (2015) 

MOTOR 3.246-Reihensechszylinder (S54B32) mit 252 kW (343 PS); BMW-Motorsport-Nockenwellen, Zylinderkopf, Ventile, Pleuel, Kolben ..., Carbon-Ansaugkrümmer; ATL-Benzineinspritzung, Bosch-Benzinpumpe ..., Tuning-Tech-Software-Update; ca. 370 PS
FAHRWERK Eigenbau-Fahrwerk auf Basis von Gruppe-A-Fahrwerk mit Eigenbau-Radaufhängung mit Stehbolzen-Radnaben
RAD/REIFEN einteilige Braid-Motorsport-Felgen in 17 Zoll mit 245/40ZR17-Semislicks
AUSPUFF Eigenbau-Auspuffanlage
KAROSSERIE Karosserie komplett restauriert und verschiedene Bleche eingeschweißt, Motoraufhängung angepasst, Spritzwand versetzt, Getriebetunnel angepasst; diverse Kohlefaser-Kevlar-Karosserieteile (Haube, Kofferraumdeckel, Türen, M3-Look-Kotflügel, Spoilerschwert ...); Karosseriefront teilweise Gitterrohrrahmen, Makrolonscheiben; BMW-M3-DTM-Style-Außenspiegel, einstellbarer M3-Heckflügel; zweifarbige Komplettlackierung
INTERIEUR leer geräumtes Interieur mit Motorsportumbau inkl. ATL-Tank, Käfig, Schalensitz, Rennsport-Cockpit, Sparco-Sportlenkrad, diverse Steuerungselemente für ABS, Stromkreislauf ...
BREMSEN modifizierte Willwood-Bremsanlage mit Eigenbauadapter
GETRIEBE Samsonas-Motorsports-Sechsgangschaltgetriebe samt Kupplung