Jetta 1 von Martin Reischenböck (2019)

Die "80er" ziemlich cool verpackt

18.04.2019 09:57 Uhr

Text: Bernd Frank | Fotos: Speedyshots


Der Jetta des Österreichers Martin Reischenböck hat mehrere Evolutionsstufen durchgemacht. Vom Rentnerfahrzeug über einen dezenten Ratlook bis hin zum Showgewinner.

Wie das immer so ist. Martin Reischenböck kaufte seinen 1981er-Jetta im Jahr 2014 nicht als Projekt, sondern eigentlich nur, weil er ein Übergangsauto mit etwas Restcoolness benötigte, bis sein Golf-2-Projekt fertiggestellt war. Das aus Rentnerhand stammende Auto gab es zum erträglichen Kurs und war mit überschaubarem Schweiß- und Reparaturaufwand wieder auf die Straße zu bringen. Für ein wenig mehr Treffentauglichkeit – man will ja trotzdem dabei sein, obwohl das Projekt nicht fertig ist – kam erst einmal ein Gewindefahrwerk in die Radkästen und ein paar außergewöhnliche Räder mussten es für den bekennenden Felgen-Messie auch sein. So kam der Jetta durch die 2014er-Saison eher im Ratlook mit Atomkraft-Warnsymbolen auf original gelbem Lack und Dachgarten …

Neues Projekt, neue Technik

Aber der Plan reifte, doch mehr aus dem Jetta zu machen. So startete das Projekt Breitbau … Jedoch nicht mit GFK-Verbreiterungen, sondern in „real steel". So wurde die Front in Blech nach unten verlängert und die Radläufe wurden verbreitert. Dazu wurde der Jetta bis auf die Rohkarosse zerlegt. Neben den Änderungen wurde auch gleich diverses Flickwerk entfernt. Beim Lack entschied sich Martin für San-Marino-Blau von BMW. Die alte Technik wieder einzubauen, kam für den Besitzer nicht in Frage. Gut, dass Martin inzwischen den Motorenflüsterer Georg kennengelernt hatte.

Motoreneintragungen in Österreich schwierig

In Österreich geht es nicht nur darum, was technisch machbar ist. Das Typisieren, vergleichbar mit der deutschen TÜV-Eintragung, ist in Österreich noch schwieriger als in Deutschland. Und Georg weiß nicht nur, wie man etwas vernünftig baut, sondern auch, was zu typisieren geht. So realisierten die beiden einen 16V-Motor mit Doppelwebern und 2015 gab der Herr Ingenieur sein Autogramm unter den Umbau. Glücksgefühle für zwei Saisons. Aber wie das so ist unter Tuning-Junkies: Danach war die Motorisierung Martin selbst für österreichische Verhältnisse viel zu normal. Martin wollte mehr. Und es darf nicht jeder haben. VR6 im Jetta 1? Gab es schon, aber ein Fünfzylinder mit Einzeldrosselklappenanlage? Motorenguru Georg meinte: „Wenn du den Motor unterbringst, bringe ich ihn zum Laufen." Ob das Unterbringen das Kunststück war oder den Motor mit Einzeldrosselklappen von einer Suzuki Hayabusa zum Laufen zu bringen, mag jetzt dahingestellt sein. Aber die beiden haben es geschafft.

Danke, Alois!

Ziel war es, das Ganze zum Wörthersee 2017 fertig zu bekommen. Am Ende standen noch Restarbeiten an, da passierte es: Martin verletzte sich bei der Arbeit an einer Hand und mit einer Hand lässt es sich sehr schlecht schrauben. Retter in der Not wurde Kumpel Alois, ohne den das Projekt definitiv nicht rechtzeitig fertig geworden wäre. Nicht nur technisch ist der Motor einzigartig. Auch optisch. Viele Teile wurden poliert und Martin sparte auch nicht mit echtem Gold. Echt vergoldet sind auch die inzwischen montierten selbst gebauten dreiteiligen Felgen mit BBS-Betten und Sternen von Aitwe-Keyhole-Felgen.

Das Design einer Legende

Zur Saison 2018 galt es dann, noch einen draufzusetzen. Martin ist Tuner durch und durch und so ein Fahrzeug lebt von der Veränderung. Der Breitbau erinnerte an den Rallye Golf 1 von Kamei. Zugegeben: Der legendäre Golf, der damals als der schnellste Golf der Welt galt, ist noch etwas breiter, aber in Blech ließ sich das mit originalen Reparaturradläufen schlecht realisieren. Glücklicherweise stimmte Kamei der Verwendung des Designs zu. Und so ließ Martin den Jetta mit den typischen dreifarbigen Streifen folieren. Wir sind jetzt schon gespannt, wie der Jetta kommende Saison am See vorfährt, denn wir können nicht glauben, dass Martin es lassen kann, den Jetta weiter zu verändern.

DATEN & FAKTEN 

Martin Reischenböck >>> Jetta 1 "Kamei"

MOTOR V5-Motor aus Golf 4, Motorkennbuchstabe AQN, 2,3 l, umgebaut auf Einzeldrosselklappen Suzuki Hayabusa, Eigenbau-Ansaugkrümmer, Trijekt-Motorsteuergerät, Eigenbau-Kühler mit Spal-Lüfter, Motorhalter Epytec, viele Motorteile vergoldet oder poliert, ca. 180 PS
KAROSSERIE Bis auf die Rohkarosse zerlegt, komplett geschweißt, Frontschürze in Blech verlängert, Radläufe mithilfe von Reparaturradläufen in Blech vorne um 5 cm, hinten um 5,5 cm verbreitert, Lack San-Marino-Blau von BMW, Seiten- und Heckjalousien von Auto Plas Weyer, schwarz-rote Heckleuchten, gelbe Scheinwerfer, Heckblende, Heckspoiler, originale bronzefarbene Colorverglasung
FAHRWERK 50-mm-Rebound-Gewindefahrwerk von H&R, Tieferlegung 110 mm, Wichers-Fahrwerksstrebe unten, Eigenbau-Domstrebe, Achsen PU gelagert
BREMSEN Bremsanlage vom 16V ABF (identisch mit VR6-Bremsanlage)
GETRIEBE VR6-Getriebe, Schwungrad um 2 kg erleichtert, Sachs-Sportkupplung
AUSPUFF originaler Krümmer, danach Eigenbau bis zu einem Friedrich-Motorsport-Endtopf
RÄDER Dreiteilige Felgen mit vergoldeten Aitwe-Sternen vorne mit 6J17-Innen- und 2,5J17- Außenbetten und 185/35R17-Nankang-Reifen, hinten mit 6,5J17-Innen- und 3J17-Außenbetten und 215/35R17-Hankook-Reifen
INTERIEUR Recaro-Sportsitze mit Echtleder und originalem Golf-1-Stoff bezogen, neu bezogenes Spucknapflenkrad, VDI-Zusatzinstrumente
CAR-HIFI Originales VW-Monoradio
DANKE AN Florian Maier (Karosseriearbeiten), Georg Schrattenecker (Motor), David Eichberger (Lack), Fips09, Korbinian Bayer (Felgen), Jochen Priewasser (zerlegen/zusammenbauen), Bruder Franz Josef Reischenböck (immer & überall), Alois Forstenpointer (Retter in der Not), Markus Pfeil (Pfeil Design/Folierung), Rainer Paradeiser (Kfz RP-Car-Design)